Anerkennung und Differenz
6 Seiten | Autor: Axel Honneth
Schon die Entscheidung, die Kategorie der ‚Postmoderne‘ heute sozialphilosophisch ernstzunehmen, bedarf einer gewissen Begründung: der Objektbereich aller Theorien mit diesem Titel ist unklar, ihr konzeptueller Rahmen für eine Analyse sozialer Veränderungsprozesse sicherlich unangemessen und ihr individueller Gestus überdies selbstgefällig, ja unsympathisch. Jede erneute Beschäftigung mit dem modisch gewordenen Konzept macht nur um so drastischer die Unzulänglichkeiten deutlich, die ihm von Beginn an innegewohnt hatten: ob „Postmoderne“ nur eine veränderte Konstellation im kulturellen Bereich oder einen neuen Typus der sozialen Integration kennzeichnen soll, ob mit dem Begriff eher empirische oder eher normative Erklärungsansprüche verknüpft sind und inwiefern die wie auch immer gewandelte Realität auch eine Erneuerung des Theorieverständisses überhaupt erzwingt, sind bislang ungeklärte Fragen. Zunächst im gut überschaubaren Feld der Architektur entstanden, wo sie als Kontrastbegriff zur funktionalistischen Bauweise der Hochmoderne fungierte, hat die Kategorie der „Postmoderne“ auf ihrem Weg durch die Sozial- und Geisteswissenschaften zunehmend an begrifflicher Klarheit verloren, gleichwohl behält sie ihre breitenwirksame, disziplinenübergreifende Suggestivkraft bei, scheint sozialkulturelle Veränderungsprozesse zumindest vage indizieren zu können und einer diffusen Bewußtseinslage zur Sprache zu verhelfen.
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